Endgame

Heute zeigt M42 einen der wenigen Piloten der Metropolis Studios, der zwar geschrieben wurde, aber niemals in Serie ging. Hier hauptsächlich wegen äußerer Umstände. Es war Quotenspiel Saison 7 und ich hatte so richtig viel Zeugs um die Ohren, dass ich schließlich meine Teilnahme zurückzog. Damit war auch Endgame Geschichte.

Der Pilot trug den Titel „Drei Tage“.

31. Mai 2198, 14:56:44 GS (Galaktische Standardzeit). Steve Tunning, Doktor der Quantenphysik, steht am Rand der gläsernen Aussichtsplattform von Point Vista, der touristischen Hauptattraktion von Outlook Alpha, auf dessen Felsringen die Station sanft durchs All schwebt. Er zeigt auf einen weit entfernten Lichtpunkt am Sternenhimmel und erklärt der rothaarigen Schönheit neben ihm: „Sehen Sie den kleinen blauen Punkt? Dort bin ich aufgewachsen.“ Steve stockt als ein paar Grad weiter rechts ein Stern erlöscht. „Wow, haben Sie das gesehen? Das ist echt ungewöhnlich.“ Plötzlich verschwindet ein Stern nach dem anderen, binnen Sekunden löscht sich der Sternenhimmel aus, Steve torkelt vom Glas zurück, Todesangst steht ihm ins Gesicht geschrieben, die Rothaarige starrt ihn verängstigt an. Dann zerfällt auch Outlook Alpha und alles um ihn herum unhörbar in reine Energie, die sich durch den Raum verteilt. Das Universum ist nun völlig leer und erloschen.

28. Mai 2198. Steve stellt seinen heißen Tee auf dem Tisch in seinem Quartier auf der SC Sanguine ab. Auf dem Pad studiert er die Neuigkeiten der letzten 24 Stunden. In den Erzminen auf Rura Fortune, wo Steve einst eine lange Forschungsexpedition verbrachte, gab es eine gewaltige Explosion. Hunderte Arbeiter kamen ums Leben. Steve trabt zum Fenster und schaut hinaus auf einen kleinen blauen Punkt inmitten der Sterne: Proxima Gratea.

Im astrometrischen Labor arbeitet er mit Kartograph Johannis Geiger an sicheren Routen für einen Raumtransport, den die Sanguine die nächsten Tage begleiten wird. Möglichst geringe Gravitationskräfte sollen auf die instabile und explosive Ware einwirken.

Am Abend ärgert sich Captain Cristopher Michaels mit der Bürokratie von Statis III herum. Die Fracht ist um mehrere hundert Tonnen zu leicht, ein Fehler, den man auf der Industriewelt einfach unterschlagen will und den Michaels deshalb nicht im Logbuch vermerken soll. Peer Corrano, Verbindungsmann zur Quantex Corp. bleibt auf Statis III zurück, um das Problem zu klären. Trotz einiger holpriger Stellen im Flug kommt die Sanguine nach 22 Stunden Flug sicher an, die Fracht wird abgeladen und Michaels gibt seiner Crew zwei Tage Landurlaub auf Outlook Alpha.

Am nächsten Tag steht Steve am Rand der gläsernen Aussichtsplattform von Point Vista, eine rothaarige Schönheit steht neben ihm. Sekunden später ist das Universum ausgelöscht.

28. Mai 2198. Steve stellt seinen heißen Tee auf den Tisch in seinem Quartier. Gemeinsam mit Johannis Geiger verbringt er die nächsten Stunden damit, eine Route zu finden, die für physikalisch instabile Fracht am sichersten ist. Er bekommt zwar mit, dass es einige Unstimmigkeiten gibt bevor die SC Sanguine und der Frachter Quantex 44 abfliegen, aber seine Arbeit ist getan.

Drei Tage später. Steve hat Landurlaub, besucht das Carpenter-Observatorium auf Outlook Alpha, eine der größten Ausstellungen über Weltraumkartographie und Raumphänomene. Sein Blick fällt auf eine riesige Abbildung der Qmenga-Supernova, aufgenommen im Moment ihrer Explosion. Eine junge Frau tritt neben ihn. „Wunderschön, oder?“. Sie stellt sich ihm als Melinda Reed vor, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Observatoriums. Einige Stunden später stolpert Steve rückwärts. Der Himmel ist schwarz. Dann zerfallen Steve und Melinda in ihre Atome und ihre Atome zerstrahlen in reine Energie.

28. Mai 2198. Steves Hand zuckt als er den Tee abstellt. Die Tasse kippt um, der Tee ergießt sich über die Tischplatte und den Fußboden. Steve holt einen Putzlappen.

31. Mai 2198. Steve blickt tief in Melindas smaragdgrüne Augen bis es ihr sichtlich unangenehm wird. Er entschuldigt sich und fragt sie, ob sie sich zuvor schon einmal begegnet seien. Einige Stunden später steht Steve alleine am Rand der gläsernen Aussichtsplattform von Point Vista und starrt ins All. Er zuckt zurück. Dann erlöscht der erste Stern am Himmel.

28. Mai 2198. Steve steht am Fenster und blickt hinaus auf einen kleinen blauen Punkt inmitten der Sterne. Er erinnert sich an Point Vista, an das Verlöschen der Sterne. Er alarmiert Captain Michaels über die Bedrohung, aber der glaubt ihm nicht, verweist ihn schließlich an Dr. Nicole Wood-Kryger, die leitende Ärztin der Sanguine. Dr. Wood-Kryger kann nichts ungewöhnliches feststellen, möchte Steve aber zur Beobachtung dabehalten. Seinen Job bei der Routenberechnung übernimmt sein Kollege Charles Everton. Steve lässt Captain Michaels ausrichten, dass es Unstimmigkeiten mit der Ladung von Statis III geben wird, kann aber keine Details nennen. Michaels hält es für einen Zufall, als sich die Fracht tatsächlich als zu leicht herausstellt. Es sei immerhin kein ungewöhnliches Ereignis. Drei Tage später steht Steve am Rand der Aussichtsplattform von Point Vista, neben ihm Melinda Reed. Dann erlöscht das Universum.

28. Mai 2198. Steve erstarrt, dann zuckt er zurück als er sich die Hand an der heißen Teetasse verbrennt. Sie wackelt auf dem Tisch und bleibt schließlich stehen. Er blickt auf seine Armbanduhr und notiert die Zeit: 7:32:23. Am Abend trifft Steve im Aufzug auf Captain Michaels. Er fragt ihn, ob mit dem Raumtransport alles glatt geht und hakt nach Details nach, als Michaels murrend von Problemen erzählt. Um 335 Tonnen ist die Ladung zu leicht. Drei Tage später steht Steve mit Melinda auf der Aussichtsplattform von Point Vista. Er fragt sie, ob sie sich daran erinnern könne, diesen Moment schon einmal erlebt zu haben. Melinda erinnert sich nicht, auch nicht als Steve sie auffordert, sich auf den blauen Stern zu konzentrieren, den er ihr zeigt. Kurz darauf verschwindet dieser und alle anderen Sterne mit ihm.

28. Mai 2198. Steve zieht reflexartig die Hand zurück, doch die Teetasse steht zwei Meter entfernt auf dem Tisch. Erschrocken blickt Steve auf seine Armbanduhr. Es ist 7 Uhr 32 Minuten und 54 Sekunden Galaktische Standardzeit.

Die Grundidee ist fast so alt wie das Thema Zeitreisen selbst: Eine Katastrophe geschieht und jemand reist in der Zeit zurück (freiwillig oder unfreiwillig), um sie aufzuhalten. Die Zeitschleife ist eine Variante davon, in der der Protagonist denselben Zeitraum immer und immer wieder erlebt, oft verbunden mit einem langsamen „Erwachen“, wenn er realisiert, dass er sich in dieser Schleife befindet. Der Kniff bei Endgame sollte sein, dass die Schleife sich immer enger zieht. Steve verliert in jedem Durchgang Zeit, er tritt immer einen Moment später wieder in die Vergangenheit ein. Er hat nicht endlos viele Versuche, das Universum zu retten, den Bewegungsradius pro Durchgang wird immer kleiner, wichtige Ereignisse, die es vieleicht zu ändern gilt, können unumkehrbar werden.

Ich habe eine Kleinigkeit gegenüber der Archivfassung geändert. Dort ist beim ersten Vorkommen des 28. Mai ebenfalls die Uhrzeit 7:32:23 vermerkt. Vielleicht hatte ich mir etwas dabei gedacht, vielleicht sollte es andeuten, dass es zwischendurch tausende weitere ungezeigte Durchgänge gibt, vielleicht war der Gedanke, dass sich der Zeitverlust beschleunigt. Aber gerade erscheint es mir einfach nur widersinnig und widerspricht dem Konzept der sich zusammenziehenden Zeitblase. Daher habe ich die Zeitangabe entfernt.

In der nächsten Movie Night am 1. Mai zeigt M42 die ersten beiden Teile der LHC-Trilogie im Doppelpack.

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